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11. Von der wilden Bienenzucht und Zeidlergesellschaft zu Muskau in der Oberlausitz.

Folgendes ist ein Auszug aus Herrn Pastor Vogels historischen Vorlesung, welche ich S. 433 angeführt habe.

In den weitläuftigen Waldungen der in der Oberlausitz liegenden freien Erb= und Standesherrschaft Muskau, welche die Gräfl. Callenbergische Familie bereits sehr lange besitzt, ist seit undenklichen Zeiten der Bienenbau mit vereinigten Kräften cultivirt worden. Die durch lange Erfahrungen und oft angestellte Versuche erlangten Wissenschaften und Kunstgriffe sind freilich nicht durch Schriften allgemein gemacht, sondern sie sind nur in dem Cirkel dieser Zeidlergesellschaft geblieben, und oft von dem Vater auf den Sohn fortgepflanzt worden, weil der Eigennutz nirgends so über Geheimnisse hält, als in der Bienensache. Die schriftlichen Nachrichten von ihren Vorrechten und Privilegien, haben ein Altertum von mehr als anderthalb hundert Jahren.

Die Anzahl der Beuten, welche ich bereits S. 427, fgg. beschrieben habe, und welche die Zeidlergesellschaft in Muskau zusammen besitzt, beläuft sich auf 7000 Stück. Diese aber sind nicht alle mit Bienen besetzt. Die ganzen Waldungen, in welchen sich solche Beuten befinden, werden in besondere Districte, die man die Zeidelheiden nennet, eingetheilt, und diese führen den Nahmen von den benachbarten Dörfern. Diese Districte oder Zeidelheiden werden wieder, nach Maaßgabe der in derselben befindlichen Beuten, in gewisse Maaße (Metra) eingetheilt. Ein Maaß Zeidelheide heißt ein Stück Wald, in welchem 60 Beuten sind. Dreißig solche Beuten heißt 1/2 , und 15 derselben 1/4 Maaß. Ein Mitglied der Zeidlergesellschaft kann so viel Maaße haben, und sich von den andern erkaufen, als er will. Einige haben 2, 3 und mehr Maaße; Andere hingegen nur 1/2 oder 1/4 . Davon mus jährlich der Hochreichsgräfl. Herrschaft vom Maaß 15 Groschen, an dem Fastnachts=Convent, abgetragen werden; vom halben Maaß also 7 Gr. 6 Pf. so daß demnach für jede Beute, sie mag besetzt seyn, oder nicht, jährlich 3 Pfenn. gezinset wird. Dieses wird der Zeidelzins genennet.

Die Besitzer solcher Maaße unterscheiden die ihrigen von andern, durch gewisse oberhalb der Beuten, bisweilen auch unter denselben in den Stamm eingehauene Zeichen, wie ich bereits S. 428 erwähnt habe. Der Werth solcher Maaße ist bei dem Kauf und Verkauf unterschieden. Es kommt hierbei viel auf die größere oder geringere Anzahl der besetzten Beuten, auf ihre bequeme Lage, sowohl für die Bienen, als auch für den Zeidler, wenn z. G. die anzukaufende Zeidelheide nicht zu entfernt ist, an. Nach diesen ist der Werth auch höher und geringer. Manche Maaße werden für 24, 30 und mehr Thaler gekauft, da andere auch nur 12 oder 15 Thlr. gelten. Bei dem Verkauf hat allemahl ein Mitglied der Zeidlergesellschaft das Vorrecht vor einem Fremden, der noch kein Mitglied ist. Kaufte er sich aber ein solches Maaß an, so wird es ihm von dem Zeidelrichter und Aeltesten, mit Zuziehung der angränzenden Zeidler, angewiesen, deren Bemühung er durch ein paar Mahlzeizeiten und durch eine vestgesetzte Belohnung vergütet. Er genüßt alsdenn aller Vorrechte der übrigen Mitglieder, und wird den andern in der nächsten Versammlung vorgestellt. Einige Zeidelheiden können gar nicht verkauft werden, sondern sind mit den Bauergütern unzertrennlich verbunden.

Von der Bienenschminke, den Schwärmen, und was dabei Rechtens, habe bereits S. 435, fgg. gehandelt.

Die ganze Zeidlergesellschaft bestehet izt aus 170 Personen, welche in zwo Rotten eingetheilt werden. Jede Rotte hat ihren besondern Zeidelrichter und Aeltesten, die aus ihrem Mittel gewählt werden. Sie müssen aber erfahrne Bienenväter seyn, und selbst von den abgehenden Richtern und Aeltesten approbirt werden, wenn sie zu dieser Würde gelangen wollen. Sie halten jährlich zweimahl, an zween dazu bestimmten Orten, ihre Versammlungen, nehmlich

1) den Montag nach Estomihi, und

2) den Montag nach Bartholomäi. Bei ihren Versammlungen, in welchen viele alte Ceremonien und Gebräuche, die nun freilich eben nicht zur Haupt=Sache gehören, z. E. der Zeidelrichter mit dem weißen Stabe auf einem leeren Fasse sitzend und Gericht haltend, herrschen, präsidirt allemahl ein Beamter aus der Gräflichen Canzlei. In diesen wird der Zeidelzins abgetragen, nach Befinden der Umstände neue Richter und Aelteste gewählt, neue Mitglieder den übrigen vorgestellt, die streitigen Sachen nach ihren Gesetzen abgethan, und die Verbrecher in der Bienensache bestraft. Ihre Strafen sind, vermöge ihrer Gesetze, sehr strenge. Von den Strafgeldern bekommt die Herrschaft ein Drittel. Ihre Gesetze sind nicht zahlreich; werden aber besser gehalten, als wenn ihrer viele wären.

Die Articul der gesammten Zeidler in der Herrschaft Muskau, d. d. 25 Febr. 1648, findet man in Schirachs Waldbienen=Zucht, im Vorbericht, S. 30--36.
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